Auf Stiefelreise im Schwarzwald

Section-icon

Outdoor

3 Tage Wanderung Schwarzwald

Annette Frühauf

Autor: Annette Frühauf

21. Januar 2021

Natur, Sportliches

„Stiefelreise – Kulinarischer Genuss“

Streckenweise alpiner Weg

Wie die erste ‚Stiefelreise‘ startet auch die neue Tour in Calw. Entlang des Nagoldtals schlängeln sich die ersten fünf Kilometer bis zur Station Teinach. Kurz oberhalb zweigt der breite Wanderweg links in einen Trampelpfad ab. Das Schild mit der Aufschrift: „Vorsicht streckenweise alpiner Weg“ macht uns neugierig. Was da wohl auf uns wartet? Gespannt gehen wir den schmalen Steig nach oben. Immer wieder gilt es, Äste und Stämme zu überwinden. Rechts fällt der Hang steil zur Bundestraße 463 ab, von der ein stetes Brummen zu hören ist. Angenehm wärmen die Strahlen der Morgensonne, die durch die lichten Äste fallen. Zart grünes Moos überzieht Steine und Felsen, die wir mit Hilfe von Leitern leicht überwinden. Der Weg ist inzwischen so schmal, dass es im Gänsemarsch die Steigung hinauf bis zur Florsackallee geht. Zwei Füchse kreuzen den Weg. Bevor die Kamera bereit ist, sind sie längst im Unterholz verschwunden. Auf den dritten warten wir vergeblich. Mehr und mehr wird der Weg zum Ziel – das hier und jetzt zählt. Erdig riecht es hier im Wald.

Was macht der Puls?

Angenehm menschenleer ist es heute Vormittag im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord und wir beglückwünschen uns zur Entscheidung, uns so spontan auf den Weg gemacht zu haben. Inzwischen hören wir nur noch die Vögel, die unermüdlich den sonnigen Tag besingen. Nach dem ersten steilen Stück der 21 Kilometer langen Tages-Etappe mit ihren rund 700 Höhenmetern ist der Puls angestiegen. Ein Schild am Wegesrand erklärt, wie eine Herzfrequenz-Analyse die körperliche Beanspruchung zeigt: Mit dem Mittel- und Zeigefinger wird dabei die Pulswelle am Handgelenk oder der Halsschlagader 30 Sekunden lang gefühlt. Handy oder eine Uhr stoppen die Zeit. Das Ergebnis wird mit den Zahlen der Tabelle abgeglichen. Prima – alles im grünen Bereich, genauer im Fitnessbereich, der auf regelmäßige Bewegung schließen lässt. Beschwingt gehen wir weiter im Schutz der Bäume – bis kurz vor Holzbronn.

Ein Stück auf der AugenBlick Runde

Über breite Wege, vorbei an Wiesen und Feldern, folgt unser Weg, der AugenBlick Runde Calw-Holzbronn über die nächsten Kilometer. Die AugenBlick-Touren im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord versprechen atemberaubende Aus- und Weitsichten. Hier schweift der Blick übers Nagoldtal bis Zavelstein und auf die Höhen von Neubulach und Neuweiler. Vorbei am Gültlinger See, entlang des munter dahin plätschernden Bächleins, gehen wir nun weiter nach Gültlingen. Eine kurze Pause für ein Fußbad muss sein. Dann heißt es, Schuhe an und weiter. Ein Rotmilan scheint sich uns kurzfristig angeschlossen zu haben. Er umkreist uns immer wieder und auch im Ort sind seine kurzen Pfiffe zu hören. Über 50 Prozent des weltweiten Bestands der Rotmilane entfällt auf Deutschland, daher sieht man sie bei uns vermehrt in den Lüften kreisen.

Gasthaus oder doch lieber Picknick im Grünen

Da wir kein Restaurant in Gültlingen finden und der „Hirsch“ geschlossen ist, wandern wir weiter durchs Dorf und hoch zur Gültlinger Heide. Eine gute Entscheidung, denn auf dem Kapf gibt es unter Kiefern, umringt von Wacholderbüschen und Hecken, einen idyllischen Grillplatz. Die grüne Raute mit der Hagebutte, die den Fernwanderweg ‚Gäurandweg‘ markiert, hilft auf den verbleibenden Kilometern beim Orientieren. Über Sulz am Eck und die danach folgende letzte Steigung des Tages laufen wir schon etwas müde hinab nach Wildberg. Mächtig ragt die Ruine der hochmittelalterlichen Adelsburg im Ort auf, der überregional durch seinen Schäferlauf bekannt ist. Auch heute noch hat die Stadt einen der drei Schäferzunftsitze Süddeutschlands inne. Gut bürgerliche Küche und auf Anfrage ein Gourmetmenü bietet das Restaurant Talblick, indem müde Wanderer die Stiefel abstreifen und auf der Terrasse die abwechslungsreiche Tour Revue passieren lassen können. Wir lassen unseren Tag ganz gemütlich ausklingen.

Gut ausgeruht geht es weiter

Nach einem ausgiebigen Frühstück, das keinen Wunsch offenläßt, gehen wir ausgeruht die rund drei Kilometer zurück nach Sulz am Eck. Die Markierung des Fernwanderwegs „Gäurandweg“ dient wieder als Orientierungs-Hilfe. (Der Weg ist im Nordschwarzwald der östlichste der vom Schwarzwaldverein betreuten Fernwanderwege. Mit einer Länge von 120 Kilometern führt er in sechs Etappen von Mühlacker nach Freudenstadt.) Heute haben wir 25 Kilometer und 500 Höhenmeter vor uns. Die Füße sind vom gestrigen Tag noch etwas müde. Ist es Zufall oder wartet der Rotmilan auf uns, um wieder ein Stückchen mit uns zu kommen? Egal, der majestätische Vogel kreist am Himmel, hoch über unseren Köpfen, stößt ein paar schrille Schrei aus und fliegt davon. Die Ausblicke am Eisberg – weit über die Schwarzwaldhöhen hinaus – lenken von den schweren Gliedmaßen ab. Leichtfüßiger geht es nach Nagold hinunter. Die Burg Hohennagold oder was davon übrig ist, steht auf dem 529 Meter hohen Schlossberg. Einige Grundmauern, Teile der Vorburg, der Bergfried und der Wehrturm, der bestiegen werden kann, zeugen von der Größe der Anlage. Dann wird es Zeit, nach Berneck zu kommen, wo die Etappe endet und wir die Nacht im Hotel Rössle verbringen.

Die dritte Etappe

Die dritte und letzte Etappe führt uns 22 Kilometer und gut 500 Höhenmeter zurück nach Calw. Heute ist es die rot-schwarze Raute des Ostwegs, an die wir uns halten können. (Der Ostweg ist neben dem Westweg und dem Mittelweg eine der drei Nord-Süd-Fernwanderstrecken durch den Schwarzwald und führt von Pforzheim nach Schaffhausen. Der zirka 240 Kilometer lange Höhenweg wurde bereits 1903 angelegt.) Alles erscheint hell und leicht, die Arbeit ist weit weg. Die Waldluft ist am Morgen noch frisch und belebt, vor allem den Geist. Das Handy bleibt heute aus. Jeder Schritt zählt, der über den weichen Waldboden federt. Wir haben unseren Rhythmus gefunden und es könnte ewig so weiter gehen. Wir wandern über die Höhenzüge von Wart, Oberhaugstett und Liebelsberg, hinunter ins Teinachtal. Heute ist es ein Bussard, der unsere Blicke auf sich zieht. Auf dem Weg liegt die historische Burgruine Zavelstein, die um 1200 als Stauferburg errichtet und von Benjamin Buwinghausen von Wallmerode erworben wurde. Umgebaut als Spätrenaissance-Schlösschen wurde es 1692 von französischen Truppen im französisch-pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört und auch nie mehr aufgebaut. Vom 28 Meter hohen Turm bietet sich uns ein herrlicher Rundblick bis zur Schwäbischen Alb. Mitten im kleinen Ortskern liegt das Hotel ‚KroneLamm‘ mit gutbürgerlichem Restaurant und Sterneküche. Drei Premiumwanderwege streifen Zavelstein und die AugenBlickrunde Zettelberg. Gleich mehrere gute Argumente, um noch einen Tag dranzuhängen? Doch für uns geht es nach einem kleinen Abstecher ins Wanderheim Zavelstein zurück – ein letztes Mal durch den Wald in Richtung Calw, wo unser Auto am Bahnhof wartet.

Schwarzwald Naturhighlight Heckengaeu Apfelbaum

Zahlen, Daten, Fakten

Anreise: Von Stuttgart über die B14 und A81 und weiter auf der K1079 bis Calw, Kilometer: 50 und Fahrzeit: 45 Minuten. Mit der S6 geht es vom Hauptbahnhof bis Weil der Stadt und weiter mit dem Bus 670 nach Calw, Fahrzeit rund eineinhalb Stunden.

Übernachtung: In Wildberg im Hotel Talblick: www.talblick-wildberg.de/, oder im Hotel Krone: www.krone-wildberg.de/ und in Berneck im Rössle: www.roessle-berneck.de/

Essen und Trinken: Wer einen Abstecher nach Holzbronn einbauen möchte, findet im Krabba-Nescht gutbürgerliche Küche und einen Black-Wood-Keller, www.krabba-nescht.de/krabba-nescht/
In Gültlingen liegt das Restaurant Hirsch an der Strecke. Im Landhotel Pfrondorfer Mühle bei Nagold sitzt man im Grünen, www.pfrondorfer-muehle.de
Gut bürgerliche und Sternenküche gibt es im KroneLamm in Zavelstein, www.berlins-hotel.de

Stiefelreise: Die 3-tägige Rundtour „Stiefelreise – Oberes Nagoldtal“. kann pauschal gebucht werden bei Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald, info@mein-schwarzwald.de
www.mein-schwarzwald.de
Los geht es in Calw mit einer Wanderkarte und der Tourenbeschreibung, Die Strecke ist rund 70 Kilometer lang und geht 1700 Höhenmeter rauf und runter. Ein Großteil der Strecke geht über Pfade, Wald- und Wiesenwege. Auf Anfrage gibt es einen Gepäcktransfer.

Allgemeine Informationen:
Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald,
www.mein-schwarzwald.de