Große Liebe "Wald"

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Forstrevierleiter Stefan Waidelich erzählt...

Vanessa Lotz-Kijak

Autor: Vanessa Lotz-Kijak

24. Januar 2023

Hallo Herr Waidelich! Bitte stellen Sie sich und Ihre Tätigkeit kurz vor!

Ich komme gebürtig aus Enzklösterle und bin 57 Jahre alt. Nach dem Abitur habe ich an der Hochschule in Rottenburg mein Studium der Forstwirtschaft absolviert. Durch die sehr praxisorientierte Ausbildung in verschiedenen Revieren im Nordschwarzwald und im Stromberg wurden wir optimal auf unsere Arbeit als Förster im Wald vorbereitet. Nach kurzer Wanderlehrzeit als Privatwaldsachbearbeiter am damaligen Forstamt in Schönmünzach, wurde mir eines der interessantesten Reviere im Nordschwarzwald übertragen. Hier bin ich nun seit über 30 Jahren in meinem Heimatort tätig. Die Bewirtschaftung der Wälder mit all ihren gesetzlich festgelegten wichtigen Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktionen liegt mir besonders am Herzen. Dabei spielt für mich die Weiterentwicklung der wertvollen Wertkiefer des Enztals eine zentrale Rolle meines Schaffens.

Was hat Sie dazu bewogen, Förster in Enzklösterle zu werden?

Schon als kleiner Bub mit 7 Jahren durfte ich mit meinem Vater, der selbst ein halbes Jahrzehnt Haumeister am badischen Kaltenbronn war, mit der Axt im Wald mitarbeiten. Geprägt durch unser Elternhaus hat der Waldvirus auch zwei meiner drei Brüder angesteckt, die ebenfalls als Förster im Nordschwarzwald ihre Spuren hinterlassen. Ich denke meine große Liebe zum Wald und insbesondere zum Nordschwarzwald hat sich entwickelt durch das Spielen im Wald als Kleinkinder, die Ferienarbeit im Wald, das Heidelbeersammeln sowie mein Skilanglauftraining, das vor allem im Wald stattfand. Man kann sagen, ich habe bereits in jungen Jahren mehr Zeit im Wald als im Bett verbracht. Dass ich nun in meiner Heimat bereits seit über 30 Jahren in meinem Traumrevier tätig sein darf, ist ein großer Glücksfall und ein Geschenk, das ich täglich schätze.

Auch in Ihrer Freizeit sind Sie gerne aktiv unterwegs, testen zum Beispiel verschiedene zertifizierte Wanderwege. Wie sieht also für Sie die optimale Wandertour aus, was braucht es dafür?

Das stimmt, ich bin mit meiner Frau fast jeden Premiumwanderweg im Schwarzwald bereits gelaufen. Um sich neue Anregungen zu holen und die Umsetzung der Wanderkriterien mit Bewertung beispielhaft an anderen Premiumwanderwegen zu erkunden, ist es unerlässlich zu spionieren. Nicht immer deckt sich die Bewertung der zertifizierten Wanderwege mit meinem subjektiven Eindruck eines aus der Masse herausragenden Wanderweges.

Zentrale Elemente einer optimalen Wandertour sind nicht nur die Vielfalt an Wegbelägen mit möglichst hohem Anteil an naturbelassenen Pfaden, sondern auch die Vielfalt an vorbeiziehenden Waldbildern in Verbindung mit den unterschiedlichsten Landschafts- und Kulturelementen. Erlebnisreiche, aber auch sehr ruhige Passagen bilden den Stoff, aus dem eine wunderbare Tour entsteht.

Passend dazu: Verraten Sie uns Ihre Lieblingswandertour in der Region?

Nach wie vor ist der Heidelbeerweg mein Lieblingswanderweg in der Region.

Praktisch täglich bewege ich mich schon rein beruflich auf Teilen des Weges und ich entdecke und erlebe nach vielen Jahren immer noch Neues auf dem Premiumweg.

Auch der neu errichtete Qualitätsweg um Aichelberg bietet faszinierende Wegabschnitte im Kälbertal mit wild gewachsenen Bäumen und alten Wässerungsgräben, vergleichbar den Waalwegen Südtirols.

Und last but not least ist der Steg am Wildseemoor nicht nur das Aushängeschild und Highlight der Region, sondern auch mein ganz persönlicher und emotionaler Energieort.

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Als Förster haben Sie teilweise eine andere Sichtweise auf die Dinge: Wie verträglich ist Tourismus und Natur in Ihren Augen? Und was könnte/sollte verbessert werden?

In den letzten Jahren hat sich vieles verändert. Die Menschen sind mobiler im Wald unterwegs. Mit dem E-Bike sind heute die entlegensten Gebiete zu erreichen, in die früher kaum jemand gekommen ist. Hinzu kommen Freizeittrends wie Schneeschuhwandern oder Geocaching. Die Coronapandemie hat diese Entwicklung verstärkt. Umso wichtiger ist es, die Waldbesucher mit attraktiven Angeboten dorthin zu lenken, wo dies natur- und umweltverträglich sind.

Forst BW ist es wichtig, auch im Bereich der Erholungsfunktion Angebote zu schaffen und Projekte zu unterstützen, die zu einer sinnvollen Lenkung der Waldbesucher beitragen. Störungsempfindliche Tierarten brauchen Rückzugsgebiete, welche nicht bzw. behutsam touristisch erschlossen werden dürfen. Besonders kritisch wird es, wenn in diesen Bereichen die Waldbesucher die Wege verlassen.  Je besser die Angebote sind, die wir schaffen, also je attraktiver ein Weg ist, desto weniger Gründe gibt es, diesen zu verlassen oder eigene Wege zu gehen. Darin sehe ich also eine große Chance.

Haben Sie Wünsche und vielleicht auch weitere (Projekt-) Ideen für die Wanderregion Nördlicher Schwarzwald?

Ein weiteres großes Projekt ist ein in Planung befindlicher neuer Premiumwanderweg, der sich zurzeit in der Genehmigungsphase befindet. Dieser Prozess ist durch die Abstimmung mit ForstBW als Eigentümer auf großer Fläche, Naturschutz, Wasserwirtschaft und den Landratsämtern Calw und Freudenstadt sehr zeitintensiv und aufwändig. Die Gemeinde Enzklösterle möchte einen zweiten Premiumwanderweg in seinen Ortsteilen Gompelscheuer und Poppeltal schaffen, um noch attraktiver und intensiver für den Tourismus im Oberen Enztal werben zu können.

Um noch nicht zu viel zu verraten; es wird ein Pfad zu den Quellen der Enz, der als Novum bei Premium Wanderwegen in drei Schleifen ausgebaut werden soll.

Unser Newsletter stellt Personen mit besonderem Engagement im Bereich Wandern vor. Wer darf, Ihrer Meinung nach, dabei nicht fehlen?

In erster Linie muss hier Herr Bertsch aus Enzklösterle genannt werden.

Als Wegewart der Ortsgruppe Bad Wildbad im Schwarzwaldverein betreut und pflegt er in vorbildlicher Art ein riesiges Wanderwegenetz- unter anderem die Wege in und um Enzklösterle. Am Wochenende sieht man unseren „grünen Engel“ im typischen Outfit mit Freischneider am Arm, um die Wege offen zu halten oder mit Reinigungsgeräten, um die Wegmarkierungen zu säubern. Immer mit dem Blick zur attraktiveren Gestaltung unserer Wanderregion. Er leistet eine fantastische Arbeit in unschätzbarem Ehrenamt für die Touristik der gesamten Region und ist Ansprechpartner in allen Belangen des Wanderns für Wanderer, Gemeinde und Forst BW.

Herzlichen Dank Thomas.

Vielen Dank für dieses Interview und Ihre spannenden Ausführungen! Wir verfolgen gerne die weiteren Fortschritte zum neuen Premiumwanderweg und freuen uns bereits auf unser nächstes Interview mit Herrn Bertsch.

Ihnen Alles Gute und weiterhin so viel Freude und Motivation in Ihrem Beruf und für die anstehenden Projekte! Es ist großartig, so engagierte Menschen wie Sie da draußen zu haben, die unsere Gäste und Einheimische begeistern können!

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