„Willkommen daheim Pinselohr!“

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Interview mit Martin Hauser über seine Passion: Den Luchs

Corinna David

Autor: Corinna David

29. November 2024

Was hat Sie dazu motiviert, sich für die Ansiedlung von Luchsen Schwarzwald einzusetzen?

Im Dezember 2019 wurde in meinem Zuständigkeitsbereich als Wildtierbeauftragter ein Luchs auf einer Fotofalle nachgewiesen. Das war eine Sensation. Dieses Bild hat sich in meinem Inneren festgesetzt. Als ich dann einige Wochen später dabei sein durfte, wie der Fang und die Besenderung dieses Tieres gelang, hat meine Begeisterung dafür nicht mehr nachgelassen.

Welche Bedeutung hat die Rückkehr des Luchses für Sie persönlich und für die Region?

Im Rahmen der Ausrottungskampagne wurde der letzte Luchs im Schwarzwald 1770 auf dem Kaltenbronn erlegt – und 250 Jahre später kehrt ein Luchs genau hierher zurück! Die Natur zeigt uns damit: Der Lebensraum ist hervorragend für eine Wiederansiedlung geeignet. Die Region kann stolz darauf sein und ich bin überglücklich, dass dies in meinen Aufgabenbereich fällt.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Wiederansiedlung von Luchsen?

In Zeiten des Artenrückgangs ist dies eine außerordentlich sinnvolle und wichtige Maßnahme. Durch die Besenderung von einzelnen Luchsen ist es zudem möglich, wertvolle Erkenntnisse über deren Nahrungsspektrum und Raumnutzung in unserer Kulturlandschaft zu bekommen. Ein wichtiger Aspekt ist die Verbesserung der genetischen Situation der an den Schwarzwald angrenzenden Luchspopulationen.

Welche Herausforderungen gab es nach dem „Auftauchen“ vom Luchs Toni und welche Erfolge konnten Sie bisher verzeichnen?

Um die Besenderung mittels Halsband durchführen zu können, musste der Luchs gefangen werden .Dass dies innerhalb kurzer Zeit gelang war ein großer Erfolg, der nur durch die gute Zusammenarbeit mit dem örtlichen Jäger und Förster und dem beeindruckenden Einsatz des Teams vom Wildtierinstitut der FVA Freiburg möglich wurde. Toni ist immer noch im Nordschwarzwald unterwegs und die bereits genannten Erkenntnisse konnten gewonnen werden.

Die Ansiedlung eines Luchsweibchens ist im Jahr 2024 gescheitert. Was waren die Hauptgründe dafür?

Es gab nur einen einzigen Grund, die Erkrankung an Staupe – eine äußerst selten bei Luchsen vorkommende Virusinfektion. Für mich ist Finja die Pionierin des Projekts der Wiederansiedlung. Sie hat sich nach ihrer Auswilderung hervorragend eingelebt, zeigte ein luchstypisches Verhalten, hatte bald gute Ortskenntnisse und war eine erfolgreiche Jägerin. Von einem Scheitern kann daher nicht die Rede sein.

Nördlicher Schwarzwald Blog Martin Hauser Wildtierbeauftragter
Nördlicher Schwarzwald Blog Martin Hauser Luchs Kamera

Wie planen Sie, nach dem Tod des Luchsweibchens weiter vorzugehen?

Ich bin in diesem Projekt nur ein kleines Rädchen – der Auftrag zur Bestandesstützung für den Luchs in Baden-Württemberg an die FVA Freiburg erfolgte durch das Ministerium für Ernährung und Ländlicher Raum. In meiner Funktion als Wildtierbeauftragter bin ich in Zusammenarbeit mit der FVA am Monitoring beteiligt. Diese Tätigkeit würde ich sehr gerne noch möglichst lange weiterführen.

Gibt es bereits Pläne für die Ansiedlung weiterer Luchse?

Es ist vorgesehen bis zu zehn, vor allem weibliche Luchse bis 2027 im Schwarzwald auszuwildern.

Wie arbeiten Sie mit anderen Naturschutzorganisationen und der lokalen Bevölkerung zusammen, um das Luchsprojekt zu unterstützen?

Wichtig ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Jägerschaft. Ohne eine Mitarbeit der Jäger kann das Monitoring nicht erfolgreich durchgeführt werden. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit versuche ich u.a. durch Führungen und Vorträge Begeisterung und Verständnis für die faszinierende Wildart Luchs und deren Wiederansiedlung zu wecken.

Welche Unterstützung benötigt das Projekt von politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit, um die Wiederansiedlung von Luchsen erfolgreich fortzusetzen?

Die Wiederansiedlung wurde viele Jahre lang von verschieden Institutionen auf breiter Ebene vorbereitet. Der politische Wille ist nun im aktuellen Koalitionsvertrag der Landesregierung festgeschrieben und wird durch wichtige Kooperationspartner hervorragend unterstützt.
Erfahrungen und Geschichten

Können Sie uns von einem besonders beeindruckenden Erlebnis im Zusammenhang mit Luchs Toni erzählen?

Einige Monate nach seiner Besenderung gab es plötzlich für längere Zeit keine GPS-Signale mehr von seinem Halsband. War er abgewandert oder ist ihm was passiert? Selbst ein Flugzeugeinsatz der FVA mit Spezialtechnik aus der Schweiz blieb erfolglos. Am nächsten Tag konnte ich mit bewährter VHF-Technik und viel Zufall Toni lokalisieren. Es ging ihm blendend und er hatte sich halt nur gut versteckt. Die Freude und Erleichterung in unserem Team war riesig.

Wie reagieren Waldbesucher auf die Anwesenheit von Luchsen?

Sie werden aufgrund der nachtaktiven Lebensweise der Luchse diese kaum zu Gesicht bekommen. Es kommt aber immer wieder zu Nachfragen aufgrund von Presse- und Fernsehberichten. Dabei ist die Begeisterung über diese Wildart deutlich zu spüre

Welche Botschaft möchten Sie unseren Lesern außerdem über die Bedeutung des Luchsprojekts mitgeben?

Der Luchs ist eine faszinierende Tierart. Ohne menschliche Hilfe gibt es keine Population im Schwarzwald, da weibliche Luchse aufgrund ihres eingeschränkten Wanderverhaltens diesen nicht erreichen. Luchs Toni ist jetzt schon seit 5 Jahren im Nordschwarzwald heimisch geworden. Damit zeigt er uns, dass dieser Lebensraum für Luchse auch nach über 250 Jahren hervorragend geeignet ist.

Wie können interessierte Leser mehr über das Projekt erfahren oder sich engagieren?

Hierzu wurde auf dem Kaltenbronn am Infozentrum der „Infopoint Luchs“ eingerichtet. Er ist mit moderner Medientechnik ausgestattet. Der Besuch ist kostenlos und lohnt sich auf jeden Fall für alle Altersgruppen.
Engagieren kann man sich für das Projekt mit der inneren Einstellung: „Willkommen daheim Pinselohr!“

Fotograf: Alex Kijak

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